Irisch Republikanische Solidarität








TC

AP/RN, 16. November.2000

Die Reise von Coiste na n-larchimi


Eine bemerkenswerte Veranstaltung fand letzte Woche in Sligo statt. Repräsentanten von 18 Projekten des gesamten Landes, einberufen von der ehemaligen "community" republikanischer Gefangener, trafen sich um ihren zukünftigen Weg zu diskutieren, die Ausdehnung ihrer Rolle im Kampf und die künftige Organisation.
Die Konferenz wurde von Coiste na n-larchimi organisiert, welche 1998 als koordinierende Organisation für die wachsende Anzahl der Gruppen, welche ehemalige republikanische Gefangene repräsentieren und über das ganze Land verteilt sind, gegründet wurde.
In den letzten 20 Jahren ist dieses Netzwerk auf über 25 Gruppen und Vereinigungen angestiegen, mit 90 Vollzeitarbeitern, die alle in unterschiedliche "Kapazitäten" in ihren "communities" in Belfast, Derry, Strabane, Letterkenny, Newry, Clones, Fermanagh, Sligo/Leitrim, Dundalk, Armagh, Lurgan, Dungannon, Dublin, Galway/Mayo, Tipperary, Meath und Cork involviert sind.
Gerry Kelly, Sinn Fein-Sprecher, für mit "Gefängnisfragen zusammenhängende Sachverhalte", erläuterte in seiner Ansprache die Relevanz des Projektes: "Coiste ist eine Erfolgsgeschichte, für die ehemaligen Gefangenen, ihre Familien und Kinder und für den Kampf selbst. Coiste hat Leuten dabei geholfen, dass diese am breitgelagerten republikanischen Kampf in den "communities" weiter mitwirken können. Coiste repräsentiert politische Stärke. Politische Stärke ist hierbei nicht gleichzusetzen mit Stärke, die sich in (politischen) Wahlen ausdrückt."
100.000 Jahre im Gefängnis
Als Bürgermeister von Sligo hieß Sean MacManus die Konferenz in der Stadt willkommen. Er zollte den ehemaligen Gefangenen für das Opfer, das diese erbracht haben Tribut und wies darauf hin, dass in den letzten 30 Jahren über 15.000 Leute eingesperrt wurden, welche über 100.000 Jahre abgesessen haben. Er wies bescheiden darauf hin, dass er davon einen Monat absaß. Er forderte die britische Regierung dazu auf, in bezug auf die Amnestie für die sich auf der Flucht Befindenden, schnell zu handeln, so dass auch diese nach Hause können. Er forderte darüber hinaus die (Süd-) Irische Regierung dazu auf, Kenntnis von der Tatsache zu nehmen, dass aufgrund des "Good Friday Agreement" eine Verpflichtung besteht, jene Gefangenen freizulassen, welche als "Castlerea Five" bekannt sind. Anne O'Sullivan vom Dubliner Coiste-Büro konstatierte in einer der vielen Eröffnungsdarbietungen, (Sean Lynch, Fermanagh, Sean Mathers, Newry) "...die Regierung hier befindet sich wegen Castlerea noch in der 'Vor-Agreement-Phase'. Der Sachverhalt der Reintegration, die fortwährende Diskriminierung von Ex-Gefangenen müssen angegangen werden um die jetzigen Barrieren zu überwinden."
Projekte von Coiste
Die Konferenz selbst reflektiert, wie der Projektmanager von Coiste, Mike Richie, sagte, eine erstaunliche Leistung. Beratende und unterstützende Gruppen, Bildungs- und Trainingsprojekte in Sachkenntnissen, Kurse in irischer Sprache, Kurse zur Vermittlung von Grundkenntnissen, Rechtsbeistand, Managementkenntnisse, Nutzung von Computern, Ausstellung von Kunstwerken der Gefangenen, Baufirmen Renovierungsarbeiten, politischer und kultureller Tourismus, Video, Photographie, Jugendprojekte, und so weiter. Diese Gruppen haben erstaunliche Ressourcen bereitgestellt, nicht nur für ehemalige Gefangenen und ihre Familien, sondern für die gesamte "community".
Die Erste gegründete Ex-Gefangenen-Organisation war Tar Anall in West Belfast, welche Wegbereiter für eine lange Liste von Projekten, v.a. für junge Leute, war. Viele dieser Projekte haben sich auch in anderen Gebieten entwickelt.
Junge Leute
Vielleicht das Bekannteste der Programme von Coiste und Tar Anall ist das etablierte Ferienprogramm für die Kinder von irischen politischen Gefangenen, welches vielen Kindern von Gefangenen, ehemaligen Gefangenen, toten "Volunteers" einen Ferienaufenthalt in den USA ermöglichte. Dieses Projekt war hierbei nicht einseitig angelegt. Zwei Studentengruppen aus den USA kamen unter der Schirmherrschaft von Coiste's kultureller und politischer Tourismusgruppe nach Irland um den Konflikt als Teil ihres College-Studiums zu "erforschen". Aber das US Ferienprojekt ist nur eines von vielen bemerkenswerten Programmen mit jungen Leuten, welche von Tar Anall ins Leben gerufen wurde. Es gibt Projekte wie Oganaigh Le Cheile, ein Bildungsprogramm für 14- bis 19-Jährige, welches Treffen auch über die Grenze und die "community" hinweg beinhaltet. Es gibt weiterhin Clar na nOg für zehn- bis 14-Jährige wobei hier Teams gebildet werden zu Themen wie Alkohol, Drogen, Gesundheit und Sexualität.
Diese Projekte beinhalteten Diskussionen über die Effekte der Inhaftierung und den Schaden für die Kinder. Es waren diese beiden Projekte, welche zu einer Broschüre ,mit dem Namen "Left in Limbo" führten, die aus Diskussionen unter jungen Leuten über ihre Erfahrungen entstand und bei der Konferenz präsentiert wurde.
Die Broschüre behandelt viele der Schwierigkeiten, die Kinder ehemaliger Gefangener durchlebten, inklusive des Unmuts, des Ärgers, des Hasses, welcher aus der dauernden Abwesenheit eines sich im Gefängnis befindenden Elternteils resultiert und der Problematik sich auf ein Elternteil einzustellen, welches man möglicherweise niemals kennengelernt hat und jetzt nach Hause kommt.
Eine weitere Broschüre, die auf der Konferenz von Roisin Kelly, der "Training and Education Resource Worker" von Tar Anall, vorgestellt wurde, war Ag Taecht le Cheile, welche die Belastung der Inhaftierung für Gefangene und ihre Familien dokumentiert. Sie ist eine wunderbare Ressource welche auf persönlichen Bezeugungen von Gefangenen selbst, aber auch ihrer Frauen und Partner, beruht; die Schwierigkeiten, mir denen sie in der "community" konfrontiert wurden, die Einsamkeit und die Einflüsse der Inhaftierung auf enge Partnerschaften.
Die Broschüre hält auch die "Ergebenheit", den junge Leute sich letzten März noch in Long Kesh befindenden Gefangenen gegenüberbrachten. Darüber handelt ein Artikel mit dem Titel "Ratschlag für Eltern, wenn sie aus dem Gefängnis kommen." Die Broschüre beinhaltet auch die Reaktion der Gefangenen auf diese Ergebenheit.
Die Broschüren sind hierbei Teil eines historischen Protokolls: vom Leben wie es für all jene war, die in dreißig Jahre Kampf involviert waren und wie sie davon beeinträchtigt wurden.
Die stellvertretende Stimme der Gefangenen
Coiste wurde finanziell unterstützt von "Partnerschafts- und Entwicklungsbehörden", von "Friedens- und Aussöhungsgeldern", um, wie sich Mike Ritchie ausdrückt, keine "Mickey Mouse-Jobs", sondern Langzeitanstellung mit angebrachten Gehältern, zu schaffen. Coiste wird von der britischen Regierung der "26 County Regierung" und auch international als Vertreter der ehemaligen republikanischen Gefangenen zur Kenntnis genommen. Coiste beabsichtigt keinen Gefangenen zu isolieren und indem man alle ehemaligen Gefangenen aufsucht, von denen einige in den abgelegensten Gebieten leben, arbeitet Coiste daran Kontakte aufzubauen und diese bei der Gründung von "Ex-Gefangenen-Gruppen" in ihren eigenen Gebieten zu helfen. Untersuchungen zeigen, dass diese Gruppen möglicherweise bis zu 4000 Ex-Gefangenen allein in den "26 Counties" umfassen.
Die Organisation von Coiste
Coiste beinhaltet darüber hinaus eine "Wirtschaftsentwicklungsabteilung", welche die Konferenz organisiert hat und ein politisches Bildungsprojekt. Dieses Projekt zielt darauf ab Dialog und Debatte zwischen Minderheitengruppen und Menschenrechtsgruppierungen herzustellen. Durch das politische Bildungsprojekt soll dokumentiert werden, was die Gefangenen in ihren eigenen Worten in den letzten 30 Jahren motiviert, inspiriert, deprimiert und weiterentwickelt hat.
Das Netzwerk von Coiste beinhaltet weiterhin ein Grenzregionsprojekt, welches beinhaltet die Zuerkenntnisnahme der Belange und die Diskriminierung ehemaliger Gefangener zu erhöhen.
Der Koordinator, Sean O Conghaile, ansässig in Dundalk, hat aktiv daran mitgewirkt faire Beschäftigungsgesetze zu erwirken, rechtliche Barrieren anzufechten und jenen Familien zu helfen, die durch die Grenze als Folge des Konflikts voneinander getrennt sind.
Ein vor kurzem abgehaltenes Seminar in Dundalk und ein weiteres, welches für Letterkenny Ende des Monats vorgesehen ist, zielt darauf ab, Leute innerhalb der gesetzlichen Organe/Behörden mit ehemaligen Gefangenen und Ihren Familien zusammenzubringen.
Sie klären die Öffentlichkeit über die Realität der Flüchtlingskrise auf: der Flucht von Familien vor dem Sektierertum, Krieg, Inhaftierung, Einschüchterung, was insgesamt zur Bildung einer "ghettoisierten community" führte, isoliert, geteilt und allein.
Coiste - Die Zukunft
"Peace II, welches bis nächsten Sommer auf den Weg gebracht werden soll ist Euer Kapital", wie Mike Ritchie konstatierte. "Wir wollen sicherstellen, dass alle ehemaligen Gefangenen die Leistungen, die wir Ihnen anbieten in Anspruch nehmen und dass gleicher Zugang über alle 32 Grafschaften besteht. Wir müssen für die Beseitigung aller rechtlichen Barrieren sorgen und in Anlehnung an das GFA die Sicherstellung der Menschenrechte erwirken. Patten ist für ehemalige Gefangene eine weitere Barriere. Alle diese Dinge sind Teil unseres gemeinsamen Projektes in Coiste. Es geht darum lokal zu arbeiten und global zu denken."
Ein wichtiges Schriftstück wurde auf der Konferenz von Declan Kearney von der "Wirtschaftsentwicklungsabteilung" von Coiste übergeben.
Die Fähigkeit ein Projekt zustandezubringen ist ein politisches Unternehmen und soll nicht als etwas verstanden werden, das auf finanzielle Unterstützung zu reduzieren sei, erklärte er. "Die Entwicklung von Coiste ist aus republikanischer Perspektive der Schlüssel um den Prozeß der Veränderung in Irland auf den Weg zu bringen", sagte er. "Darauf muß aus dem Blickwinkel der Gleichheit geschaut werden. Der Gegensatz zwischen Nord und Süd sei zu überwinden." Bei der Konferenz wurden solche Ideen in workshops diskutiert und v.a. wie man Coiste als Verlängerung des Kampfes für Gerechtigkeit und Gleichheit weiterentwickeln kann.
Die Nord-Belfaster Vereinigung
Abschließend stellten Tom Quigley und Paul O'Neill eine Studie darüber vor, wie die Coiste-Gruppen in Nord-Belfast zusammengewachsen sind. In dieser Gegend wurden während des Kampfes mehr als 600 Leute getötet.
Es gibt einen "Kundenkreis" von 450 ehemaligen Gefangenen und 1300 Kindern ehemaliger Gefangener. Es ist auch ein Gebiet der schwerwiegensten wirtschaftlichen Deprivation, mit einer Arbeitslosenquote von ungefähr 62%.
Die Projekte beinhalten An Loiste in New Lodge, welches 1997 gebildet wurde, Tar Isteach 1999, Ardoyne's Amach Agus Isteach 1998 und die ex-Gefangenen-Gruppe in Old Park, welche letztes Jahr gegründet wurde. Amach Agus Isteach ist möglichwerweise das abenteurlichste unter diesem Konsortium von Projekten. Alle Mitarbeiter sind "selbstangestellt" und die Gewinne gehen zurück ins "bussiness" und werden unweigerlich eine öffentliche Einnahme darstellen, mit der Angebote des Konsortiuums wiederum finanziell unterstützt werden können.
H-Block/Armagh
Die ehemaligen Gefangenen diskutierten in einer von Raymond McCartney, Jim McVeigh, Mairead Keane und Laurence McKeown initiierten Diskussion auch über die Gedenkfeiern zu den Hungerstreiken in den H-Blocks und Armagh, welche für den kommenden Monat und das kommende Jahr geplant werden. Letzterer, welcher sich 1981 70 Tage im Hungerstreik befand sprach über den Film, den er und Brian Campbell (beide Autoren von "Nor Meekly Serve Their Time") diese Woche in den Ardmore Studios in Bray zu verfilmen beginnen.
"Das war unsere großartigste Stunde", sagte Jim McVeigh "und es ist eine der besten Möglichkeiten um junge Leute zu binden und all jene, die den Hungerstreik zu diesem Zeitpunkt ignorierten." Es ist eine Möglichkeit um dessen Lektion zu verstehen: die Nachwirkungen im Gefängnis, Wahlen, die Flucht, die Kontrolle des Gefängnisses und alles was im Anschluß daran erfolgte, eingeschlossen das GFA, die Freilassung der Gefangenen und Coiste selbst."
Die Reise geht weiter.

Letzte Änderung:
06-Sept-03