Irisch Republikanische Solidarität








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Kommentar
Rüdiger Göbel



Spiel auf Zeit



Israelische Regierung nahm »Friedensplan« an

Nach den Palästinensern hat auch die israelische Regierung den als »road map« bezeichneten internationalen Nahost-Friedensplan angenommen. Erst am Freitag hatte Premier Scharon die von den USA, der EU, Rußland und der UNO ausgearbeitete Straßenkarte zum Frieden widerwillig als Diskussionsgrundlage akzeptiert. Die Quartett-Initiative sieht unter anderem das Ende der israelischen Besatzung und die Schaffung eines »lebensfähigen palästinensischen Staates« bis zum Jahr 2005 vor. Mit zwölf von 23 Stimmen billigte die Scharon-Regierung den Plan – wir dürfen aber sicher sein, kein einziger Minister der israelischen Regierung teilt dessen Ziel. Die Annahme der »road map« ist denn auch nicht zu verwechseln mit deren Realisierung. Seitens Israels ist es ein weiteres Spiel auf Zeit, für die Palästinenser die letzte Hoffnung.

Scharon machte schon vor der Kabinettssitzung deutlich, er lehne eine große internationale Konferenz zur Verwirklichung des Friedensfahrplans ab. Er sei lediglich zu einem Treffen mit US-Präsident Bush und dem palästinensischen Regierungschef Abbas sowie Vertretern der proamerikanischen Regime in Ägypten und Jordanien bereit. Und während im israelischen Kabinett die rechten mit den rechtsextremen Ministern haderten, schufen ihre Truppen in den besetzten Gebieten weitere Fakten: Erneut wurden Aktivisten der Internationalen Solidaritätsorganisation ISM – unabhängige Augenzeugen wider die illegale israelische Besatzungspolitik – verhaftet, im palästinensischen Flüchtlingslager Tulkarem im Westjordanland rückten rund 50 gepanzerte Fahrzeuge ein.

Israel ist es gelungen, in der internationalen Wahrnehmung vom Aggressor zum Opfer zu werden, vom Besatzer zum Besetzten. Und so mutet es als schiere Großzügigkeit an, wenn zu lesen ist, Ministerpräsident Scharon sei mittlerweile zur »Abgabe von Land« bereit. Aus dem internationalen Recht der Palästinenser auf Rückgabe des besetzten Landes wird israelische Gnade. »Die Zeit ist gekommen, dieses Stück Land zwischen uns und den Palästinensern aufzuteilen«, wurde der Regierungschef am Sonntag in der Zeitung Yedioth Ahronoth zitiert. »Man muß realistisch sein, was man halten kann und was man nicht weiter halten kann«, sagte Scharon weiter, ganz General.

Israel gedenkt also, die Kontrolle über die seit 1967 besetzten Gebieten aufrechtzuerhalten. Längst sind die palästinensischen Gebiete aufgeteilt. Der gezielte widerrechtliche israelische Siedlungsbau mit seinen ungezählten Sonderstraßen, Hochsicherheitsgebieten und der langen Apartheid-Mauer hat Westjordanland und Gazastreifen in palästinensische Bantustans getrennt. »Lebensfähig« als Staat bleibt mithin Israel. Die Palästinenser dagegen sind gefangen im eigenen Land – auf unbestimmte Zeit.

Letzte Änderung:
06-Sept-03