Irisch Republikanische Solidarität








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Spirit of Resistance - Widerstand gegen was?

Spirit of Resistance ist eine von einigen deutschen Irland-Gruppen herausgegebene Zeitung zum Thema Nordirlandkonflikt.
Einleitend wollen wir keineswegs die Arbeit, der an der Zusammenstellung der Irland-Zeitung "Spirit of Resistance" beteiligten Gruppen herabwürdigen. Ebenso steht das hohe intellektuelle Niveau der Zeitung für uns außer Frage.
Die Analyse der Arbeit der republikanischen Bewegungen v.a. in der letzten Ausgabe enthält jedoch Verzerrungen und Verfälschungen der Realität, die für uns unannehmbar sind.
In Anlehnung an die Gruppe "demontage" erwecken die Autoren den Eindruck, als hätte sich Sinn Fein nach rechts entwickelt. Jeder der regelmäßig die Sinn Fein-Zeitung An Phoblacht/Republican News (AP/RN) ließt, weiß, dass dies absurd ist. Abgesehen vom Kampf gegen den britischen Imperialismus und dem rechten Unionismus/Loyalismus, ist Sinn Fein die einzige Partei in Irland, die gegen den aufkommenden Rassismus im Süden parteiübergreifende Stellungnahmen und Maßnahmen fordert. Sinn Fein unterstützt uneingeschränkt Kampagnen antifaschistischer Organisationen wie der Anti Nazi League, bspw. bzgl. Ebi Ojoh, eine Nigerianerin, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Allein die AP/RN vom 30.November enthält 5 Berichte, in denen rassistische Aktionen irischer Behörden oder der Polizei kritisiert werden und zum Kampf gegen Rassismus aufgerufen wird. Darunter ist ein Aufruf zur Partizipation an einer Unterschriftenaktion zur Freilassung von elf antifaschistischen Aktivisten.
Doch auch bzgl. ausländischer Themen nimmt Sinn Fein trotz der Dependenz von "Irish-America" stets eine linke und oftmals "anti-amerikanische" Position ein. So wird bspw. das Wirtschaftsembargo gegen Kuba und auch die Legitimation des Vorgehens der israelischen Armee im israelisch-palästinänsischen Konflikt durch amerikanische Politiker und Medien vehement kritisiert (AP/RN, 23.11.00).
Sinn Fein und die Grünen sind darüber hinaus die einzigen Parteien in Irland, die Kundgebungen bzgl. der Gleichberechtigung Homosexueller unterstützen.
Was die Autoren weiterhin kritisieren ist die "Bündnispolitik", die Sinn Fein nachgeht (Spirit of Resistance, Nr. 12 und Nr. 13). Sinn Fein ist eine Partei, die über 20 Jahre aus der öffentlichen Diskussion in beiden Irlands durch anti-demokratische Mediengesetze weitgehend ausgeschlossen wurde, Einreiseverbot in die USA und nach England hatte. Sinn Fein muß bis heute gegen ein Bollwerk aus britischer Regierung, Unionisten/Loyalisten, britischen Militär, "securocrats", Konservativen im Süden Irlands und konservativen (v.a. britischen) Medien kämpfen. Sinn Fein wäre dumm, nicht die Möglichkeit zu nutzen, sich bei irisch-stämmigen Amerikanern Unterstützung einzuholen. Ohne Lobbyarbeit wird die republikanische Bewegung nicht die geringste Chance gegen obiges Bollwerk haben.
In "Nostradamus-Manier" sehen in diesem Kontext die Autoren des weiteren eine Koalition zwischen Sinn Fein und Fianna Fail im Süden voraus. Fakt ist, dass über eine eventuelle Koalition nicht die Sinn Fein-Führung, sondern wie auf dem letzten Parteitag beschlossen, die Sinn Fein-Delegierten entscheiden.
Sinn Fein wird darüber hinaus als "machtgeile" Partei dargestellt, indem geschrieben wird: "Allgemeiner zeigt sich hierbei das Problem, dass sich um den Preis des Dabeiseins im großen Abkommensspiel immer weiter von prinzipiellen Erwägungen und grundsätzlicher Kritik verabschiedet wird." (Spirit of Resistance, Nr. 13).
Zum Einen erachten wir es als unangebracht einen Friedensprozeß als Spiel zu bezeichnen. Zum Anderen war es doch Sinn Fein mit der SDLP, die diesen Friedensprozeß initiierte. Dass der "Outcome" für die Republikaner, besonders bezogen auf die (gescheiterte) Polizeireform, bis jetzt dürftig ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Doch soll man jetzt genauso agieren wie die Unionisten; Forderungen stellen, wenn diese nicht eingehalten werden, verabschiedet man sich; alle 6-8 Wochen einen Parteitag abhalten, in denen neue Vorbedingungen gestellt werden? Jetzt aufzugeben würde nur den Unionisten und Loyalisten helfen.
Weiterhin wird von den Autoren die Führung von Sinn Fein und der IRA als "blöd verkauft". Bezogen auf die beiden Personen, die die Waffenlager überwachen, wird geschrieben: "Interessant mag hier sein, wer die Waffenlager Lager der IRA überwacht. Verantwortlich ist der finnische Ex-Präsident Martti Athisaari, der schon zur allerersten gescheiterten Entwaffnungskomission in Nordirland gehört hatte. Offenbar ist er den Briten ganz recht und SF und der IRA scheint entgangen zu sein, in wessen Sinne der liberale Mann handelt. Nach dem Nato-Krieg gegen Jugoslawien war Athisaari für die Überwachung der angeblichen Entwaffnung der UCK verantwortlich. Zweites Mitglied des Inspektionsteams ist Cyril Ramaphosa, der ehemalige Generalsekretär des ANC ." Zum Ersten ist zu sagen, dass wenn die Entwaffnung auch im Falle IRA scheitern sollte, dies der republikanischen Bewegung nicht unbedingt schlaflose Nächte bereiten würde. Dass die Autoren zum Zweiten keinen Kommentar zu Cyril Ramaphosa äußern, hat einen guten Grund. Die republikanische Bewegung hat eine freundschaftliche Beziehung zum ANC. Als sich dieser noch im bewaffneten Kampf befand, äußerten Vertreter auf die Frage, woran man sich orientiert mit: "An der IRA". Wir glauben, dass gerade die Zusammensetzung dieser Kommission eine wichtige Voraussetzung für das IRA-Zugeständnis war.
Weiter oben wird geschrieben: "Trotzdem gibt es ebenso Stimmen die sagen, die IRA hat sich quasi entwaffnet und die Kontrolle über die Waffen in Hände außerhalb der eigenen Organisation gelegt."
Fakt ist, dass die IRA einige ihrer Waffenlager kontrollieren ließ. Es wurde bis heute kein Gramm Semtex oder eine Patrone abgegeben, noch zerstört. Nach der gescheiterten Polizeireform und dem damit verbundenen Wortbruch der britischen Regierung sind weitere Schritte völlig unrealistisch. Von einer Kapitulation kann also keineswegs die Rede sein.
Im Artikel "Patten, Blair und das Dilemma von Sinn Fein" (Spirit of Resistance, Nr. 13) wird zum Einen kritisiert, dass Sinn Fein, die ehemals eine Auflösung der RUC forderte, den Patten-Bericht akzeptiert. Sinn Fein ist sich natürlich bewußt, dass dies das Minimalziel ist/war, für welches man sich als Kompromißlösung eingesetzt hat. Das jetzige "Outcome" wird jedoch als unannehmbar bezeichnet, es wird argumentiert, dass der Friedensprozeß sich im freien Fall befindet, man kein Vertrauen zu Groß-Britannien hat. Sinn Fein also als Partei hinzustellen, die alles schluckt, ist absurd. Arrogant ist hierbei die Bemerkung: "Dabei sind die SF-Analysen teilweise gar nicht so schlecht...".
Zum Anderen wird kritisiert, man setze sich kaum mit der "collusion" auseinander. Neben dem "policing" war dies in der Realität jedoch im Jahr 2000 das relevanteste Thema im AP/RN.
Subsumierend erachten wir es als arrogant das Votum von über 90% der republikanischen Population, die die jetzige Strategie unterstützen, zu ignorieren. Wem, wenn nicht jenen, die den Unrechtsstaat seit 30 Jahren passiv und aktiv bekämpfen, obliegt es eine Strategie zu selektieren.
Die sogenannte Bündnispolitik ist nicht als Konservatismus zu interpretieren, sondern die diesbezügliche Lobbyarbeit ist der einzige Weg um auf politischen Wege Veränderungen herbeizuführen.
Dass sogenannte Splitterparteien wie Republican Sinn Fein den Friedensprozess ablehnen, bedeutet doch nicht dass sie "linker" sind als Sinn Fein. Es verdeutlicht lediglich, dass sie keine Antworten haben.
Es war von Anfang an klar, dass er Prozeß energetisch und zeitlich aufwendig ist. Man muß sich hierbei immer vor Augen halten mit wem man es zu tun hat: es sind oftmals Rechte, bzw. Rechtsextremisten und britische Nationalchauvinisten wie Mandelson. Zu erwartende Rückschläge damit zu beantworten, dass man sich gegen die republikanisch-sozialistische Bewegung stellt, halten wir für das falsche Zeichen.
Sinn Fein ist abschließend keine machtbesessene Partei, sondern nach wie vor die "Peoples Party", die für die Belange der unteren Schicht und der Arbeiterklasse steht. Sinn Fein kümmert sich vorbildlich um allgemeine, alltägliche soziale Probleme, wie die Bereitstellung von freiwilligen Arbeitern für die Restauration renovierungsbedürftiger Wohungen in den Enklaven usw. Die Mitarbeiter arbeiten i.d.R. auf voluntärer Basis. Jene, die Diäten erhalten, wie die Mitglieder des nordirischen Parlaments, geben 2/3 (1/3 an die Partei, 1/3 an die "community") ab.
Eure Meinung über Sinn Fein könnt Ihr euch am ehesten bilden, wenn Ihr die Sinn Fein-Zeitung regelmäßig lest, oder besser, Euch direkt mit Sinn Fein-Leuten trefft.
Man sollte nie vergessen, wer unsere Antagonisten sind. Es sind jene, die für das Sektierertum im Norden verantwortlich sind.
Wir hoffen, dass sich die Irland-Solidarität in Deutschland vereint gegen diese stellt. Wir hoffen weiterhin, dass diese sich nicht von Leuten wie den Autoren der Zeitschrift "Spirit of Resistance" verblenden lässt.

FSF Bamberg/Lichtenfels

Letzte Änderung:
06-Sept-03