Wochen vom 10. bis 22.02.2003
FRIEDENSGESPRÄCHE VERLAUFEN SCHLEPPEND
Eine Sinn-Fein-Delegation hat den bisherigen Verlauf der Gespräche
in Hillsborough Castle als frustrierend bezeichnet, nachdem sie sich mit
dem irischen und dem britischen Premier-Minister getroffen hat. Vier Monate
nach Suspendierung der Institutionen und fast fünf Jahre nach Abschluß
des Karfreitagsabkommens gibt es immer noch keine konkreten Pläne
der britischen Regierung um das Belfaster Abkommen in allen Teilbereichen
umzusetzen und den stockenden Friedensprozeß damit wieder in Gang
zu bekommen. Das nächste Treffen ist auf den 3. März datiert.
Gemessen an der Vielzahl der Themen, die noch zu lösen sind und im
Hinblick auf den drohenden Krieg im Irak bleibt nicht mehr viel Zeit,
um vor den Wahlen im Mai eine Vereinbarung über die zukünftige
Vorgehensweise erzielen und präsentieren zu können.
100.000 DEMONSTRIEREN GEGEN KRIEG IM IRAK
An die 100.000 Personen haben am internationalen Protest-Tag gegen den
Krieg im Irak demonstriert und Dublin zum Stillstand gebracht. Sie haben
damit dem irischen Premierminister eine klare Nachricht übermittelt,
daß die Unterstützung für diesen Krieg nicht vorhanden
ist und daß die irische Bevölkerung einer Nutzung des Shannon-Airports
durch das amerikanische Militär ablehnend gegenüber steht.
ARBEITSLOSIGKEIT UNTER KATHOLIKEN WEITERHIN ÜBERDURCHSCHNITTLICH
HOCH
Nationalistische Politiker haben die britische Regierung zu Aktionen
aufgefordert, nachdem jüngste Statistiken zeigen, daß die Arbeitslosigkeit
bei Katholiken immer noch nahezu doppelt so hoch ist wie bei Protestanten.
Sinn Fein macht hierfür vor allem die Nichterfüllung des Karfreitags-Abkommens
verantwortlich.
BRITISCHER ARMEE-CHEF WIRD MIT FINUCANE-MÖRDER IN VERBINDUNG GEBRACHT
Ein hochrangiger britischer Diplomat ist im Fokus der Untersuchung der
Ermorderung des Belfaster Rechtsanwaltes Pat Finucane und könnte
einer Anklage gegenüberstehen. Es wurde bekanntgegeben, daß
das Untersuchungs-Team Anklage-Papiere gegen Brigadier Gordon Kerr vorbereitet,
dem früheren Leiter der britischen militärischen Geheimeinheit
'Force Research Unit'.
LOYALISTISCHE GEWALT
Auch in den vergangenen zwei Wochen gab es wieder zahlreiche Ausbrüche
loyalistischer Gewalt:
- ca. 300 Personen in Belfast und Umgebung wurden von der PSNI gewarnt,
daß sich ihre persönlichen Daten in der Hand von unionistischen
Paramilitärs befinden. Eine entsprechende Diskette wurde in einem
UDA-Versteck neben einem Maschinengewehr, Explosionsstoffen und Material,
um Bomben herzustellen, gefunden.
- die Red Hand Defenders (Cover-Name der UDA) haben Todesdrohungen gegen
drei katholische Post-Mitarbeiter ausgesprochen
- ein 10 Mann starker loyalistischer Mob, der hauptsächlich aus
einer "Jugendorganisation" der UDA (Ulster Young Militants)
bestand, hat einen Bus mit katholischen Schülern mit Flaschen und
Steinen attackiert. Eine Reihe von Fenstern zerbrach und ein Schüler
erlitt Schnittwunden.
- Mehrere Rohrbomben- und Brandanschläge wurden auf Privathäuser
von Katholiken sowie auf katholische Schulen verübt, für die
die UDA verdächtigt wird.
- Unionistische Paramilitärs stehen in Verdacht, für den Brandanschlag
auf ein Internet-Cafe in Belfast verantwortlich zu sein.
- die UDA hat eine Arsenal von Rohrbomben, das der C-Company von Johnny
Adair gehören soll, ausgehoben und auf einem Fußballfeld zurückgelassen,
um zu unterbinden, daß die Bomben in der andauernden Fehde benutzt
werden könnten.
UDA VERKÜNDET MILITÄRISCHE INAKTIVITÄT
Die UDA hat am 22.02.03 eine 12monatige Periode "militärischer
Inaktivität" verkündet. Es wird vermutet, daß mit
dem Ausdruck "militärische Inaktivität" eine Verringerung
oder Einstellung der sektiererischen Attacken gegen Nationalisten gemeint
ist. Man werde dabei den politischen Prozeß im Norden Irlands alle
drei Monate untersuchen. Weiterhin wird eine Rückkehr zur Gewalt
als Folge eines unbefriedigenden Ausgangs der Assembly-Wahlen am 1. Mai
für möglich gehalten. Nationalisten haben die Initiative vorsichtig
begrüßt. In der Vergangenheit haben Waffenstillstände
der UDA oftmals nur wenige Tage gehalten. Vielfach wurden Attacken unter
einem Decknamen durchgeführt.
VERFAHREN GEGEN "COLUMBIA THREE" LIEGT 'IN RUINEN'
Nachdem der kolumbianische Präsident Uribe im Newsweek magazine
in dieser Woche die Aussage getätigt hat, daß "wir im
Gefängnis einige IRA-Mitglieder haben, die der FARC geholfen haben",
gibt es kaum noch eine Möglichkeit, den drei Iren eine faire Verhandlung
zu garantieren. Catriona Ruane (Bring Them Home-Kampagne) hierzu: "Dieses
Verfahren ist eine Schande. Der kolumbianische Ex-Präsident sowie
der jetzige Präsident haben beide die Angeklagten weltweit für
schuldig erklärt."
Desweiteren sind Beweise gefunden worden, daß die drei Männer
sich zu der Zeit, zu der die Anklage-Punkte verübt worden sein solltem,
überhaupt nicht im Land befanden.Ein Schlüsselzeuge der Anklage
und Abtrünniger der Rebellen hat ausgesagt, er habe die drei Männer
zwischen dem 05. und dem 25. Februar in Kolumbien gesehen; ein Video beweist
aber, daß sich einer der Angeklagten zu diesem Zeitpunkt in Irland
aufgehalten hat.
Anhänger der "Bring Them Home"-Kampagne haben erneut an
die irische Regierung appelliert, einen Mißbrauch der Justiz unbedingt
zu verhindern.
REPUBLIKANISCHE DISSIDENTEN VERÜBEN BOMBENANSCHLAG
Die Continuity IRA hat sich für einen Bombenanschlag auf mehrere
Gebäude in Enniskillen, Co. Fermanagh, verantwortlich erklärt.
Es gab keine Verletzten; das Rathaus wurde leicht beschädigt. Sinn
Fein MP Michelle Gildernew hat den Anschlag verurteilt und erklärte,
die Attentäter seien gegen den Friedensprozeß und hätten
keinerlei Strategie, politische Veränderungen oder ein vereinigtes
Irland zu erzielen. Gleichzeitig forderte sie die britische Regierung
auf, die ansteigende Militärpräsenz der Britischen Armee im
County Fermanagh zurückzunehmen, die für eskalierende Spannungen
in der Region und für die größer werdende Unterstützung
der Dissidenten verantwortlich ist. Durch die Militäraktionen würden
diese Anschläge provoziert - so Gildernew.
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